F. Müller u.a.: Die Kelten in der Schweiz

Cover
Titel
Die Kelten in der Schweiz.


Autor(en)
Müller, Felix; Lüscher, Geneviève
Erschienen
Stuttgart 2004: Theiss Verlag
Anzahl Seiten
200 S.
Preis
€ 39,90
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Sabine Bolliger Schreyer

Der deutsche Theiss-Verlag hat ein reich bebildertes Buch zur aktuellen Archäologie der Kelten in der Schweiz herausgegeben. Als Autoren konnten dafür zwei bekannte Schweizer Keltenforschende gewonnen werden. Der Autor und die Autorin wollen ihr Buch als eine Art «Übersetzung» der vielen – für Laien oft schwer zugänglichen oder eben schwer verständlichen – Fachpublikationen verstanden wissen.

Die heutige Forschung arbeitet immer noch mit einer Epochengrenze um 500 vor Christus, obwohl man erkannte, dass sich die jüngere Eisenzeit (so genannte Latènezeit) von der vorangehenden älteren Eisenzeit (so genannte Hallstattzeit) nicht wesentlich absetzt. Der Aufbau des Buches folgt ebenfalls dieser Chronologie, allerdings unter dem Blickwinkel der historischen Entwicklung. So wird die Hallstattzeit als «Ruhe vor dem Sturm», die frühe Latènezeit als «eine Welt, die in Bewegung gerät», und schliesslich die mittlere und späte Latènezeit als «auf dem Weg zur Hochkultur» betitelt.

Schriftlich erwähnt werden die Kelten erstmals 500 vor Christus von Hekateios von Milet, einem griechischen Historiker. Er erwähnt, dass ihr Land nördlich von Massalia, dem heutigen Marseille, liege. Die Kelten selbst entwickelten keine eigene Schrift. Sie benutzten das etruskische, lateinische oder griechische Alphabet. Ein viel zitiertes Beispiel dafür ist das in der Zihl bei Port gefundene Schwert mit dem in griechischen Buchstaben geschriebenen Namen «Korisios».

Archäologisch erforscht wurden die Kelten der Schweiz seit dem 19. Jahrhundert. Die Ausgrabungen auf der Berner Engehalbinsel und der grosse Friedhof bei Münsingen brachten reiche Funde zutage, die als Grundlagenmaterial auch in der heutigen Forschung noch eine Rolle spielen. Die 1857 entdeckte Fundstelle La Tène am Neuenburgersee wurde sogar namengebend für die Späteisenzeit ganz Europas.

In vielen kleinen und spannend geschriebenen Unterkapiteln werden die Facetten der keltischen Kultur zu einem Ganzen gefügt. Kunst, Kultur, Wirtschaft und Religion der Kelten werden so lebendig. Aber auch die Konfrontation und Begegnung mit den Römern wird als wichtiges Kapitel keltischer Geschichte geschildert. Hier erhält die Archäologie Unterstützung durch einen berühmten Chronisten: Gaius Julius Cäsar.

In «Keltisches Erbe in römischer Zeit» schildern Müller und Lüscher, wie die
besiegten Kelten in das römische Reich integriert wurden. In dieser Epoche der Romanisierung sind die keltischen Wurzeln im Gebiet der heutigen Schweiz noch gut fassbar. Besonders schön kommt dies bei den recht zahlreich überlieferten Personennamen zur Geltung. Als Beispiel sei hier eine Frau namens Emilia erwähnt. Sie lebte auf der seit keltischer Zeit bewohnten Berner Engehalbinsel, wo ihr Name – eingeritzt auf einer Tonscherbe – überliefert wurde. Wäre sie eine Stadtrömerin gewesen, hätte sie sich Aemilia geschrieben.

Mit dem vorliegenden Buch ist ein differenziertes und buntes Bild der Kelten
entstanden. Ein echter Lesegenuss ist dabei der gekonnte Umgang der beiden Autoren mit der Sprache. Die am Schluss aufgeführten Ausfl ugsziele zu Museen und Fundorten laden schliesslich die gut unterhaltene und informierte Leserschaft zum Besuch der Schauplätze keltischer Geschichte ein.

Zitierweise:
Sabine Bolliger Schreyer: Rezension zu: Müller, Felix; Lüscher Geneviève: Die Kelten in der Schweiz, Stuttgart, Theiss, 2004, 200 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 67, Nr. 4, Bern 2005, S. 80f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 67, Nr. 4, Bern 2005, S. 80f.

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